Sie sind hier:     Angebote

Wellenreiter

Projekt “Wellenreiter”

Seit 2018 bietet das „Projekt Wellenreiter“ des Kinderschutzbundes einen niedrigschwelligen Anlaufpunkt für Familien, die psychisch belastet sind oder in denen psychische Erkrankungen auftreten.

Menschen, die psychisch erkrankt sind, erleben im Alltag häufig Einschränkungen. Beispielsweise fällt es ihnen aufgrund ihrer Erkrankung schwer, alltägliche Herausforderungen zu meistern, weil ihnen die Energie, der Antrieb oder die Konzentration fehlen. Wenn ein Elternteil in einer Familie psychisch erkrankt ist, wirkt sich das auch auf den familiären Alltag aus. Die Kinder erleben diesen Alltag mitunter als stetes Auf und Ab – Faktoren wie Instabilität, Rollenunsicherheit oder Isolation spielen eine Rolle. Diese Herausforderungen versteht das Projekt „Wellenreiter“ als Wellen, die es zu reiten gilt.

Das Projekt setzt sich aus verschiedenen Bausteinen zusammen und schafft damit eine Kombination aus systemischer Arbeit mit psychisch belasteten oder erkrankten Eltern, präventiven Einzel- und Gruppenangeboten für Kinder und Jugendliche und umfassender Netzwerk- und Öffentlichkeitsarbeit, die das Thema „Psychische Erkrankungen in Familiensystemen“ im Landkreis Schaumburg adressiert.

    Angebote Wellenreiter

    Wellenreiter-Gruppe – Wöchentliches Gruppenangebot für Kinder im Alter 6 bis 12:

    Im wöchentlich fortlaufenden Gruppenangebot erfahren Kinder zwischen 6 und 12 Jahren einen stabilen und transparenten Gruppenrahmen mit klar kommunizierten Gruppenregeln und -strukturen. Bei Projekten auf dem weitläufigen Außengelände, dem „Safe Place“ und in den Gruppenräumen in der Rintelner Innenstadt erleben die Kinder, etwas gemeinsam geschafft zu haben, mit der eigenen Meinung gehört zu werden und Geschehnisse aktiv beeinflussen zu können.

    Ausgrenzungserlebnisse, die viele Kinder aufgrund herausfordernder Verhaltensweisen in anderen Kontexten bereits gemacht haben, werden durch Selbstwirksamkeitserfahrungen erweitert. Der Austausch unter Gleichaltrigen und pädagogisch eng begleitete Aushandlungs- und Kompromissbildungsprozesse stehen hierbei im Fokus.

    Mit den begleitenden pädagogischen Fachkräften werden zudem stabile, erwachsene Ansprechpersonen etabliert, die auch in Krisensituationen konstante Begleitung anbieten und einen vertraulichen Gesprächsrahmen bieten. Ziel ist es, dass die Kinder lernen, ihre eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen und zu verbalisieren.

     

    Jährliche Ferienaktionstage während der Sommerferien:

    In den Sommerferien verbringen die in der Wellenreiter-Gruppe angedockten Kinder eine gemeinsame Ferienaktionswoche. Die Tagesausflüge und -aktionen werden gemeinsam kleinschrittig geplant und vorbereitet – die Meinungsbildungs- und Einigungsprozesse werden von den pädagogischen Mitarbeiter*innen begleitet und gerahmt.

    Die Ferienaktionstage selbst sind eine intensive gemeinsame Zeit, die das Wir-Gefühl stärkt. Auftretende Konflikte können bearbeitet werden, um die individuelle Frustrationstoleranz und Problemlösekompetenz der Kinder zu stärken. Zusätzlich werden die elterlichen Systeme während der oft herausfordernden Sommerferienzeit entlastet.

     

    Wöchentliches Gruppenangebot für Jugendliche ab dem 12. Lebensjahr:

    In Kooperation mit dem Teenie-Projekt haben Jugendliche ab dem 12. Lebensjahr die Möglichkeit, an der wöchentlichen Teenie-Gruppe teilzunehmen. Das Gruppenangebot richtet sich an Jugendliche mit sozial-emotionalen Entwicklungsherausforderungen.

    Kinder psychisch erkrankter Eltern bewegen sich hier in einer Gruppendynamik, die Jugendliche im Durchlaufen altersgerechter Entwicklungsprozesse fördert. Die Teilnehmenden erleben verschiedene Herausforderungskontexte, die durch die wiederkehrende und vorhersehbare Gruppenstruktur gleichberechtigt und inklusiv adressiert werden. Dieser Gruppenrahmen schafft einen sicheren Ort, in dem alle Gefühle und Gedanken sein dürfen.

    Beim wöchentlichen Gruppentreffen werden altersgerechte, lebenspraktische Fähigkeiten ausgebaut. Bei Aktivitäten im Gruppengeschehen übernehmen die Teilnehmenden entwicklungsentsprechende Verantwortung und bauen ihre sozialen Kompetenzen durch Meinungs- und Kompromissbildungsprozesse mit der Peer-Group aus. Dabei erfahren sie eine vorurteilsfreie Gesprächsatmosphäre mit Gleichaltrigen. Die Fachkräfte sind Ansprechpersonen, die bei Krisen- und Entscheidungssituationen ressourcenorientierte Gespräche und bei Bedarf weiterführende Begleitung anbieten.

     

    Psychoedukative Gruppe mit begleitender Elterngruppe:

    Im psychoedukativen Gruppenangebot lernen Kinder altersgerecht krankheitsbedingte Verhaltensweisen ihrer Eltern zu verstehen, während Eltern für die Auswirkungen ihrer psychischen Erkrankung auf ihre Kinder sensibilisiert werden.

    Vor der Teilnahme steht im Rahmen des Kontaktanbahnungsprozesses im Fokus, das familiäre System kennenzulernen und eine vertrauensvolle Arbeitsbeziehung zwischen Eltern und Kindern und den projektinvolvierten Fachkräften zu etablieren.

    Während der Gruppentreffen selbst ist es Ziel, die teilnehmenden Kinder und Jugendlichen darin zu begleiten, die Wahrnehmung des eigenen Gefühlserlebens zu stärken. Dabei werden Fragen wie „Was sind Gefühle?, Welche Gefühle gibt es?, Wie nehme ich meine Gefühle wahr?, Wofür sind Gefühle da?“ bearbeitet, um gesunde Umgangsstrategien zu etablieren und zu fördern. Die teilnehmenden Kinder und Jugendlichen erfahren und erleben zudem, dass andere Kinder auch mit psychisch erkranktem Elternteil aufwachsen. Sie können sich über ihr Erleben der familiären Situation und der elterlichen Erkrankung austauschen, ohne in einer „Sonderrolle“ zu verbleiben und ohne Verurteilung zu erleben. Im weiteren Gruppenverlauf werden unterschiedliche psychische Krankheitsbilder thematisiert, sodass ein Raum entsteht, die elterliche Erkrankung altersgerecht zu verstehen und Fragen zu stellen. Die Kinder werden dabei unterstützt, ein Verständnis zu entwickeln, was „psychisch erkrankt“ sein bedeutet, um Parentifizierung-Prozessen entgegenzuwirken und präventiv die kindlichen Resilienz zu stärken.

    In der begleitenden Elterngruppe können erkrankte Elternteile sich in einem stigmatisierungsfreien Rahmen über Erleben der elterlichen Rolle unter der Bedingung einer psychischen Erkrankung austauschen. Dysfunktionale Verhaltensmuster auf Eltern- und Kindesebene sollen identifiziert und die elterliche Handlungssicherheit gestärkt werden. Im Gruppenrahmen reflektieren die Teilnehmenden über inner- und außerfamiliäre Ressourcen, um Kindern auch unter Belastungsbedingungen ein gesundes Aufwachsen zu ermöglichen.

     

    Elterngruppe in Kooperation mit der Burghof-Klinik und Offene Sprechstunde in der Burghof-Klinik:

    Jeden Montag von 13:00 bis 14:50 Uhr findet in der Virchowstraße 5 in Rinteln eine Elterngruppe für alle Patient*innen der Burghof-Klinik statt. Dieser regelmäßige Austausch- und Reflektionsrahmen ist modulhaft aufgebaut – eine Teilnahme ist über ein Modul oder einen längeren Zeitraum hinweg möglich.

    Menschen, die stationär, teil-stationär oder ambulant an der Burghof-Klinik angedockt sind, können sich in diesem Rahmen dialogorientiert über ihre Elternrolle unter der Bedingung der psychischen Erkrankung austauschen. Sie lernen, den Einfluss der psychischen Erkrankung auf ihr Kind bzw. ihre Kinder verstehen, reflektieren herausfordernde Alltagssituationen im familiären Miteinander und entdecken inner- und außerfamiliärer Ressourcen, die zu einem gesunden Aufwachsen der Kinder beitragen. Elterliche Handlungssicherheit soll durch die Auseinandersetzung mit entwicklungsfördernden und -hemmenden Faktoren für kindliche Entwicklung gestärkt, Parentifizierungs-Dynamiken verstanden und die Frage „Was sollte das Kind über die psychische Erkrankung wissen?“ bearbeitet werden.

    Im Rahmen der offenen Sprechstunde, die montags von 15:00 bis 16:00 Uhr im Konferenzraum in der Virchowstraße 5 angeboten wird, haben Eltern zudem die Möglichkeit, die systemische Arbeitsweise des Projekts Wellenreiter kennenzulernen und mit den Fachkräften abzuklären, ob eine weiterführende Andockung des Kindes an die Projektangebote sinnvoll und möglich ist oder spezifische Fragen zu adressieren.

     

    Vernetzungs- und Öffentlichkeitsarbeit:

    Das Projekt Wellenreiter leistet Öffentlichkeitsarbeit, die dazu beiträgt, Einzelpersonen und Institutionen für das Thema „Psychische Erkrankungen“ zu sensibilisieren. Damit soll ein gesamtgesellschaftlicher Wandel unterstützt werden, um Akzeptanz und Verständnis zu fördern und entschieden gegen Diskriminierung und Stigmatisierung gegenüber Betroffenen einzustehen. Die Fachkräfte des Projektes arbeiten mit lokalen Trägern unterschiedlicher Hilfsangebote, Jugendhilfeanbietern, Schulen und weiteren Institutionen des Landkreises Schaumburg zusammen, damit umfassende Unterstützungssysteme etabliert werden können.

    Zudem ist das Projekt Wellenreiter aktiv an der AG „Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in Familie, Schule und Berufsfindung“ des Schaumburger Bündnisses gegen Depressionen beteiligt.

     

    Offenes Elterncafé:

    Regelmäßig wird in den Projekträumen in der Klosterstraße 27 in Rinteln das Offene Elterncafé angeboten. Interessierte Eltern können ohne Anmeldung vorbeikommen. In entspannter Atmosphäre tauschen sie sich gegenseitig aus und kommen über alle Themen ins Gespräch miteinander, die sie beschäftigen. Das Elterncafé wird durch die projektverantwortlichen Fachkräfte moderiert. Bei Bedarf können diese die Eltern weiterführend und längerfristig beraten.

     

    Beratung für Jugendliche mit psychisch erkranktem Familienmitglied:

    Bei Beratungsgesprächen können familiäre Belastungen adressiert werden. Das Angebot richtet sich sowohl an Kinder und Jugendliche, die auch im Gruppenkontext angedockt sind und bei denen sich spezifischere Herausforderungen ergeben, als auch an Jugendliche, die aufgrund ihrer sozial-emotionalen Herausforderungen nicht an den Gruppen teilnehmen können oder möchten.

    Die Gespräche sind vertraulich, lösungs- und ressourcenorientiert. Schrittweise werden Lösungsansätze erarbeitet. Im weiteren Verlauf gibt es die Möglichkeit, dass familiäre System mit einzubeziehen. Unterstützen kann das Beratungsangebot beispielsweise bei Fragen zur Identitätsfindung, Ausbildung und Schule, Ängsten etc.

    Kinder und Jugendliche aus psychisch belasteten Familiensystemen können niedrigschwellig telefonisch, per SMS oder über WhatsApp Kontakt zu den Fachkräften des Projektes „Wellenreiter“ aufnehmen.

     

    Arbeit mit ehrenamtlichen Coaches:

    Die Arbeit des Kinderschutzbundes wird von engagierten Ehrenamtlichen unterstützt. Im Rahmen des Projektes „Wellenreiter“ ermöglichen diese Ehrenamtlichen in ihrer Rolle als Coach eine zusätzliche 1:1-Begleitung für Kinder und Jugendlichen aus psychisch belasteten Familiensystemen. Die Frequenz und Ausgestaltung einer solchen Begleitung kann ganz unterschiedlich gestaltet werden. Die Coaches werden vor ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit durch die Fachkräfte des Kinderschutzbundes geschult, während ihrer Tätigkeit durch diese begleitet und reflektieren ihre Erfahrungen im Rahmen der regelmäßig stattfindenden Austauschtreffen mit den Fachkräften und weiteren Coaches

     

    Systemische Elternberatung:

    Eltern von Kindern und Jugendlichen, die in der Gruppe angedockt sind, können regelmäßig Elterngespräche in Anspruch nehmen, bei denen es um einen Austausch über Auffälligkeiten und Verhalten im häuslichen Umfeld und im Gruppenkontext und die Frage, welche spezifischen Herausforderungen sich für das Kind durch die familiäre Belastungssituation ergeben, geht. Erarbeitet werden mögliche Veränderungen im Familiensystem, die dazu beitragen können, dem Kind einen altersgerechten Entwicklungsrahmen zu bieten.

    Darüber hinaus bietet das Projekt Wellenreiter Elternberatung für psychisch erkrankte Eltern, deren Kinder nicht im Gruppenkontext im Projekt angedockt sind. Nach einer Anamnese der familiären Situation zur Klärung eines Auftrages für die Beratungsbeziehung werden schrittweise Themen rund um elterliches Handeln im Kontext einer psychischen Erkrankung bearbeitet.

     

    Warum braucht es Angebote für psychisch belastete Familien?

                             

    Gewaltschutzkonzept Wellenreiter

    Schutzkonzept für die kooperierenden Angebote „Projekt Wellenreiter“ und „Teenie-Projekt“ des Kinderschutzbundes Rinteln e.V.

    Stand November 2023

     

    1.   Leitbild

    Das „Projekt Wellenreiter“ und das „Teenie-Projekt“ sind Angebote in Trägerschaft des Kinderschutzbundes Rinteln e.V. Ihr Leitbild richtet sich nach dem Leitbild des Kinderschutzbundes Rinteln e.V.:

    „Kinder schützen – Eltern stützen

    Der Kinderschutzbund Rinteln e.V. ist ein gemeinnütziger Verein mit Sitz in Rinteln, einer

    Kleinstadt im Weserbergland. Er wurde 1998 gegründet ist Mitglied im Bundesverband ‚Deutscher Kinderschutzbund e.V.‘. Wir sind konfessionell, weltanschaulich und parteipolitisch unabhängig und unsere Arbeit ist geprägt von einem wertschätzenden und achtenden Menschenbild, das die Vielfalt von Lebenswegen, Zukunftsperspektiven und ideellen Vorstellungen innerhalb unserer Gesellschaft anerkennt.

    Als anerkannter freier Träger der Jugendhilfe arbeiten wir innerhalb unserer Projekte vernetzt mit der Stadt Rinteln, den örtlichen Schulen, dem Jugendamt und vielen Sozial- und Gesundheitseinrichtungen vor Ort zusammen, um Rintelner Kinder und ihre Familien optimal unterstützen und fördern zu können. Die UN-Kinderrechts-Konvention bildet eine wichtige Grundlage aller Kinderschutzbundorganisationen und ist neben unserer Satzung die Grundlage für unsere Arbeit.“

     

    2.   Verhaltenskodex und Selbstverpflichtungserklärung 

    Der Verhaltenskodex bildet eine verbindliche Verhaltensrichtlinie, die für alle ehren- wie hauptamtlich tätigen Mitarbeitenden im Projekt Wellenreiter und im Teenie-Projekt gilt.

    Die Regeln des Kodex beinhalten:

    • Respektvoller und wertschätzender Umgang – sowohl in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen als auch gegenüber den Eltern und den gesamten Familiensystemen, die im Rahmen beider Projekte angebunden sind beziehungsweise begleitet werden.

    Der respektvolle und wertschätzende Umgang meint in unserer Definition Offenheit für die Lebenswelt der Kinder, Jugendlichen und Familien mit denen wir arbeiten ohne Vorverurteilungen. Im Kontakt respektieren wir explizit oder implizit gesetzte Grenzen, treten in der Kommunikation nicht bedrängend oder einengend auf, fordern nicht, dass Kinder und Jugendliche ihr Verhalten an unsere Vorstellungen von richtig und falsch anpassen und treten Eltern und Bezugspersonen gegenüber nicht übergriffig und belehrend auf, sondern respektieren unser Gegenüber als eigenständige Persönlichkeit, deren Identität und Selbstwirksamkeit wir mit unserem Handeln stärken möchten.

    • Rollensicherheit – und damit die Schaffung eines transparenten und klaren Rahmens für die Zusammenarbeit mit Kindern, Jugendlichen und Eltern. Aufgabe der Arbeit der haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen im Teenie-Projekt und im Projekt Wellenreiter ist die Begleitung von Familien in herausfordernden Lebenssituationen und mit psychischen Belastungen, die Aktivierung und Förderung von Ressourcen, die Stärkung von Selbstwirksamkeit und Identitätsentwicklung und das Erleben von wertschätzendem und respektierendem Umgang. Um diese Aufgaben zu erfüllen, schaffen wir transparente Regeln für Kontakte und Zusammentreffen und richten unser Handeln darauf aus, diese Regeln nicht zu überschreiten. Die Verantwortung dafür, diesen Rahmen aufrechtzuerhalten, liegt bei den haupt- und ehrenamtlich Tätigen. Aufgaben, beispielsweise in der 1:1-Begleitung von Kindern und Jugendlichen, werden gemeinsam ausgehandelt und festgelegt. Der Rahmen und die Verhaltensregeln in den Gruppen werden mit den teilnehmenden Kindern und Jugendlichen entwicklungsgerecht besprochen. Alle haupt- und ehrenamtlich Tätigen verhalten sich aufmerksam und sensibel für verbale und non-verbale Signale, die Hinweise auf Grenzen, Befürchtungen und Bedürfnisse der Adressat*innen geben und greifen diese in ihrem ehrenamtlichen bzw. professionellem Handeln auf. Die ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiter*innen der Projekte treten den Familien in einer bestimmten Rolle entgegen – das heißt, sie integrieren die Adressat*innen in keiner Weise in ihr Privatleben.
    • Nähe und Distanz sind wichtige Komponente der Arbeit in den Projekten – und maßgeblich für Grenzsetzung, Grenzwahrung und adäquaten Umgang mit Bedürfnissen von Adressat*innen. Ein ausgewogener Umgang mit Nähe und Distanz ist untrennbar mit rollensicherem Auftreten verbunden. In der konkreten Arbeit im Teenie-Projekt und im Projekt Wellenreiter bedeutet dies für alle Mitarbeitenden, dass eigene Empfindungen, Gefühle und Einstellungen zu den Familien, mit denen wir arbeiten (gegebenenfalls mit Unterstützung einer Fachkraft) reflektiert werden müssen, sodass sie weder durch ablehnendes Verhalten, Vorurteilsbildung oder dem Entstehen negativer Meinungen, noch durch ein erhöhtes Bedürfnis danach, in Familiensysteme einzugreifen, um Adressat*innen von Meinungen zu überzeugen die Arbeitsgrundlage zwischen ehren- oder hauptamtlichen Mitarbeitenden und Adressat*in schädigen.

    Zur Wahrung der Rollensicherheit gehört zudem, dass ehren- und hauptamtliche Mitarbeitende Kinder, Jugendliche, Eltern und weitere Adressat*innen nicht in persönliche Konflikte involvieren, nicht in eigene Gefühlswelten einweihen und nur mit expliziter Absprache mit den projektverantwortlichen Fachkräften mit in ihr häusliches Umfeld nehmen. Für ehrenamtlich in den beiden Projekten Tätige gilt zudem, dass sie das häusliche Umfeld der Kinder und Jugendlichen nicht betreten. Treffen finden außerhalb – in den Gruppenräumen oder an öffentlichen Orten – statt. Die projektinvolvierten Fachkräfte suchen Familien nur dann im häuslichen Umfeld auf, wenn es eine fachlich-inhaltliche Begründung dafür gibt.

    Haupt- und ehrenamtliche Mitarbeitenden der Projekte verpflichten sich dazu, Körperkontakt nur in gegenseitigem Einverständnis, auf adäquate Art und Weise und aufgrund begründbarer Notwendigkeit (etwa bei Notfallerstversorgung oder um akute Eigen- und Fremdgefährdung abzuwenden) einzusetzen. Die ehren- und hauptamtlichen Mitarbeitenden obliegt die volle Verantwortung professionelle Nähe beziehungsweise hilfreiche Distanz zu wahren. Überschreitungen der angemessenen Grenze zwischen Nähe und Distanz seitens der Adressat*innen werden durch haupt- und ehrenamtlich Tätige angemessen begrenzt und in entwicklungsgerechter Weise mit den Kindern, Jugendlichen, Eltern und weiteren Adressat*innen thematisiert. Den Mitarbeitenden ist bewusst, dass die Funktion, die sie für Adressat*innen darstellen dazu führen kann, dass sie eine machtvolle Position gewinnen. Deshalb sind Kommunikation und Handeln stets machtsensibel ausgerichtet.

    • Einhaltung der Schweigepflicht und der Datenschutzrichtlinien – sind gleichzeitig Voraussetzung als auch rechtliche Rahmenbedingung für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden und Adressat*innen. Über die Adressat*innen und Belange der Projekte wird sich ausschließlich unter den unmittelbar involvierten Fachkräften ausgetauscht. Darüberhinausgehender Austausch mit weiteren Mitarbeitenden des Kinderschutzbundes Rinteln e.V. und der Austausch im Rahmen der Ehrenamtlichen-Treffen findet nur in anonymisierter Form statt. Alle haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden der Projekte verpflichten sich zu absoluter Verschwiegenheit über alle im Kinderschutzbund Rinteln e.V. bekannt werdenden Umstände und Vorgänge, auch über die persönlichen Verhältnisse der Adressat*innen und Mitarbeiter*innen sowie vereinsinternen Angelegenheiten.

    Im Falle eines Verdachts auf Kindeswohlgefährdung nach § 8a SGB VIII sind die projektbeteiligten Fachkräfte verpflichtet, eine Meldung an das zuständige Jugendamt zu machen.

    • Transparenz und fachliche Beratung innerhalb des Teams trägt entscheidend zur Prävention von sexuellen oder körperlichen Übergriffen, Machtmissbrauch oder seelischer Gewalt durch Mitarbeitende des Kinderschutzbundes Rinteln e.V. bei. Alle ehrenamtlichen Mitarbeitenden im Projekt Wellenreiter und im Teenie-Projekt nehmen an regelmäßigen Austauschtreffen bei, die darauf abzielen über das eigene Handeln zu reflektieren, Impulse von anderen ehrenamtlich Tätigen zu bekommen und die Arbeit mit Adressat*innen fachlich rückzukoppeln. Zudem sind alle Kinder und Jugendliche, die im Rahmen der kooperierenden Projekte, Begleitung durch eine ehrenamtliche Kraft erhalten, im Rahmen von Gruppenkontexten oder Einzelberatungen im Kontakt mit einer hauptamtlichen projektinvolvierten Fachkraft.

     

    3.   Personalverantwortung und Fortbildung

    3.1  Auswahl, Verantwortung und Richtlinien für Ehrenamtliche

    Alle ehrenamtlich tätigen Mitarbeitenden bestätigen mit ihrer Unterschrift unter der Selbstverpflichtungserklärung, dass sie sich mit dem Verhaltenskodes einverstanden erklären und sich verbindlich an die Leitlinien halten.

    Die im Projekt Wellenreiter und dem Teenie-Projekt aktiven Ehrenamtlichen werden vor ihrer Tätigkeit geschult. Die Schulung ist mehrtägig organisiert und umfasst einen Mindeststundenumfang von 45 Stunden, der sich über einen Zeitraum von 4 bis 6 Wochen erstreckt. Die Schulung wird von projektinvolvierten und externen pädagogischen Fachkräften durchgeführt.

    Voraussetzung für den ehrenamtlichen Einsatz ist ein umfangreiches, der Schulung vorgeschaltetes Vorgespräch, bei dem die persönliche Motivation abgefragt wird, vor Allem aber auch mögliche persönliche Belastungen und ihre Auswirkungen auf Handlungs- und Sichtweisen thematisiert werden. 

    Für alle haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitenden ist ein eintragungsfreies, erweitertes polizeiliches Führungszeugnis Voraussetzung für die Tätigkeit.

    3.2  Anforderungen an hauptamtliche Mitarbeitende in beiden Projekten

    Neben dem erweiterten polizeilichen Führungszeugnis müssen alle hauptamtlich tätigen Mitarbeitenden in den kooperierenden Projekten eine fachlich relevante Grundausbildung – etwa aus den Bereichen Pädagogik oder Psychologie – nachweisen. Die Bereitschaft zu regelmäßiger Reflektion, Fortbildungen und die Identifikation mit dem Leitbild des Kinderschutzbundes Rinteln werden vorausgesetzt.

    3.3  Fortbildung und Supervision

    Die hauptamtlichen Mitarbeitenden der Projekte stellen die Qualität ihrer Arbeit durch regelmäßige Fortbildungen und Supervisionen sicher. Ziel ist es, fachliche Standards an Bedarfen von Adressat*innen auszurichten, die sich verändernden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in der Arbeit zu berücksichtigen und das eigene fachliche Handeln hinsichtlich der konzeptionellen Festschreibung des Projekts Wellenreiter und des Teenie-Projekts kritisch zu reflektieren.

    Auch für ehrenamtlich in den Projekten Mitarbeitende besteht die Möglichkeit, im Bedarfsfall Supervision in Anspruch zu nehmen, um Problemstellungen in der ehrenamtlichen Arbeit über den regelmäßigen Austausch mit den projektinvolvierten Fachkräften hinaus zu reflektieren und zu bearbeiten.

    3.4  Kooperation mit Fachleuten und Netzwerkarbeit

    Zentraler Baustein beider Projekte stellt die Vernetzungsarbeit im Landkreis dar. Projekt- und fallbezogene Kooperation mit Hilfsanbietenden dient nicht nur dazu, die Projektangebote für Adressat*innen niedrigschwellig zugänglich zu machen, sondern zielt vor Allem darauf ab, in der fallbezogenen Zusammenarbeit durch sich unterscheidende Handlungsrahmen und fachliche Ausrichtungen umfassende und sich ergänzende Hilfsnetzwerke für und mit den angebundenen Familien zu etablieren.

    4.   Partizipation von Kindern und Jugendlichen

    Beide Projekte verstehen sich als systemisch orientiert. Die Zusammenarbeit mit Kindern und Jugendlichen, aber auch mit Eltern, familiären Systemen und weiteren Netzwerkpartner*innen zielen durch unterschiedliche Angebote darauf ab, Entwicklungschancen von Kindern und Jugendlichen zu fördern. Um den angebundenen Kindern und Jugendlichen im Rahmen dieser Angebote Entwicklung zu ermöglichen, arbeiten Ehrenamtliche wie Hauptamtliche gemeinsam mit den Adressat*innen an der entwicklungsrechten, partizipativen Formulierung von Zielen, Arbeitsaufträgen und Rahmenbedingungen der Zusammenarbeit. Bei Veränderungen der somit geschaffenen Arbeitsgrundlage – sei es im Einzel- oder Gruppenkontext – sind die Adressat*innen immer in die Veränderungs- und Umgestaltungsprozesse zu involvieren. Konkret bedeutet dies für haupt- und ehrenamtliche Mitarbeitende, den Rahmen der Arbeit hinsichtlich der gemeinsam formulierten Zielstellung regelmäßig zu reflektieren und auf Bedürfnisse und Positionen des jeweiligen Adressaten / der jeweiligen Adressatin zu überprüfen. Im Kontakt mit Adressaten bzw. Adressatin liegt es in der Verantwortung der haupt- beziehungsweise ehrenamtlich tätigen Person, einen adäquaten Gesprächsrahmen zu schaffen, um mit den Adressat*innen eine Basis für die Reflektion der gemeinsamen Arbeit zu entwickeln. Bei äußeren Veränderungen der Arbeitsbedingungen, etwa durch Veränderung des Projektrahmens, sind die Adressat*innen altersgerecht darüber aufzuklären.

     

    5.   Umgang mit Kritik und Beschwerden

    Um für Kinder, Jugendliche und Familien, die an den Projekten angebunden sind, eine wertschätzende, vertrauensvolle und partizipative Zusammenarbeit zu ermöglichen, werden diese aktiv dazu eingeladen, Kritik und Beschwerden zu äußern. Neben den direkt im Kontakt stehenden Haupt- und Ehrenamtlichen stehen dafür die weiteren Projektmitarbeitenden zur Verfügung. Zudem gibt es zwei Ombudspersonen, deren Kontaktdaten in den Gruppenräumen aushängen und auf der Webseite veröffentlicht sind. Diese Ombudspersonen fungieren als unabhängige Ansprechpersonen für die Kinder und Jugendlichen – etwa bei Konflikten im Kontakt mit den hauptamtlich tätigen Mitarbeitenden. Die Möglichkeit, die Ombudspersonen zu kontaktieren, wird regelmäßig mit den Kindern und Jugendlichen thematisiert.

     

    6. Verfahrensplan bei Verdacht auf Gewalt oder anderweitige problematische Situationen

    Bei Wahrnehmung einer problematischen Situation ist im ersten Schritt zu prüfen, ob ein unmittelbares Eingreifen notwendig oder förderlich ist. Bei akuter Gefahr für eine Person ist – immer unter der obersten Prämisse des Eigenschutzes – Hilfe zu leisten. Gegebenenfalls sind Rettungsdienst oder Polizei per Notruf zu verständigen.

    Bei Situationen in denen es keiner akuten Gefahrenabwendung bedarf, ist zunächst abzuwägen, ob ein direktes Ansprechen in der Situation zu einer Klärung beitragen kann. Falls ja ist die direkte Kommunikation über Situation und Situationswahrnehmung zwecks einer Klärung immer der erste Handlungsschritt.

    Sollte eine potentiell problematische Situation nicht direkt angesprochen werden können, beinhaltet der nächste Schritt die Evaluation der Situation mit einer nicht an der Situation beteiligten Person. Ehrenamtlich Tätige wenden sich im ersten Schritt an die projektverantwortlichen Fachkräfte. Sollten diese projektverantwortlichen Fachkräfte an der Situation beteiligt sein, kann im nächsten Schritt die 1. Vorsitzende des Kinderschutzbund Rinteln e.V., Petra Rabbe-Hartinger, informiert werden, die über weitere einzuleitende Schritte entscheidet. Entsteht eine potentiell problematische Situation unter Beteiligung einer ehrenamtlich in den Projekten tätigen Person, wird ein zeitnahes Gespräch zwischen der ehrenamtlich tätigen Person und einer projektverantwortlichen Fachkraft initiiert, um Lösungswege zu erarbeiten.

    In der weiteren Klärung ist gegebenenfalls immer auch die Wahrnehmung der an der Situation beteiligten Adressaten zu berücksichtigen und Bedarfe weiterführender Beratung für eine oder mehrere der situationsinvolvierten Personen abzuwägen. Bei Bedarf kann im weiteren Klärungsverlauf eine externe Fachkraft in bewertender, supervidierender oder mediatorischer Funktion hinzugezogen werden.

    Über die weitere Verfahrensweise ist je nach Ausgangslage zu entscheiden. Ein klärendes Gespräch mit haupt- oder ehrenamtlich tätiger und an einer problematischen Situation beteiligter Person und gegebenenfalls beteiligten Adressat*innen sollte soweit möglich immer die Grundlage der Abwägung weiterer Handlungsschritte sein. Weitere daraus erwachsende Konsequenzen sollten soweit als möglich immer das Ziel haben, Verhalten und Sichtweisen lösungsorientiert zu reflektieren und zu bewerten, ob und unter welchen Bedingungen weitere Zusammenarbeit mit haupt- oder ehrenamtlicher Person gelingen kann.

     

     

    Hier geht es zur Instagram-Seite von Wellenreiter: 
     
    Das Projekt Wellenreiter finanziert sich durch:
     
    Landkreis Schaumburg
       
    Postcode Lotterie
    Skip to content